Windelwäsche
Das Hühnchen so wie ich sie erlebe...
(verfasst von Ulrike im Mai 2005)
Das Hühnchen ist kein Huhn, aber das wissen Insider schon längst. Das Hühnchen ist ein Schwein, genauer gesagt ein Meerschweinchen.
Es begab sich zu einer Zeit als ich beschloss keine Schweinchen mehr in mein Haus zu holen. Emmy, die Katze, fand das sehr lobenswert, denn sie fürchtet seit langem und immer wieder ihren VIP-Status zu verlieren. Den hat sie nicht wirklich, aber ich lasse sie in dem Glauben.
Es war ein Samstag, war es ein Samstag, ja, ich glaube mich daran zu erinnern, als Gina mich anrief und mir von einem ach so armen Baby-Schweinchen erzählte, dass da gerade vor ihr in einer Box saß. Nun traf sie an dem Tag nicht wirklich meinen "Mitleidsnerv" ich denke, ihr wisst, dass Frauen so ihre Phasen haben, in denen sie mit jeder Fliege Mitleid haben können, die gerade zermatscht an einer mit Rauhfaser tapezierten Wand endete. Die Frage ist hier, aber das würde zu weit führen, ob sie nun Mitleid mit der armen Fliege haben oder die Verschandelung ihrer Wanddekoration so bedauern. Nun, nehmen wir mal an, es ist ersteres. Aber, um wieder auf den Punkt zu kommen, diese Phase hatte ich gerade nicht.
Ich hatte kein Mitleid. Aber ich habe ein Verantwortungsgefühl, dem ich mich schwerlich entziehen kann. Das mag lobenswert sein, manche Menschen nennen es dumm. Wie auch immer, ich sagte zu, das Hühnchen zu mir zu nehmen.
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Nun reiste das Hühnchen an. Hühnchen ist ein Albino, sie ist blind und taub. Ich bin ein Albino-Fan, so gesehen hätte ich mich jubelnd vor das Schweinchen werfen können, aber ich tat es nicht. Es tat sich auch nichts, keine Liebe, die plötzlich entflammte, nichts. Ich sah einfach nur ein verdammt armes Schweinchen vor mir, das krumm und schief war und dauernd die Nase in die Luft streckte. Nun, ihr blieben nicht viele Möglichkeiten. Die Ohren hochrot angelaufen schnüffelte sie sich durch die Welt.
Waren es nun ihre Ohren oder ihr "Blick", ich weiß es nicht mehr. Hühnchen eroberte mich im Handumdrehen, und das obwohl ich in keiner Phase war.
Es ist so in einem Menschenleben, dass man sich weiterentwickelt, zumindest nimmt man das an, und besonders von sich selber. Ich kann mich an Zeiten erinnern, da haben meine Schweinchen mehr auf Handtüchern gelebt als im Holzstreu, und meine tägliche Aufgabe war das "Windeln wechseln". Ich schwor mir nach Umbau des Geheges, dieses nie wieder tun zu wollen. Setzt man das dann tatsächlich um, dann nennt man das Weiterentwicklung durch Erfahrung.
Nicht in Betracht zieht man die Rückentwicklung, und genau diese fand bei mir statt.
Hühnchen wohnt in einem Separee. Sie kann Besuch von anderen Schweinchen bekommen, ist aber nicht ständig unter ihnen.
Näheres dazu auch unter "Taub und blind". Hier steht auch, warum das so ist.
Neben diesem Separee steht ein Schrank unter den man, zumindest als Schweinchen, wunderbar gehen kann. Für eben den Fall aller Fälle, hatte ich dort schon vorsorglich eine alte dicke Baumscheibe, Handtücher, Kuschelsack und Bettlaken liegen, denn Schwein hasst gewöhnlich PVC-Böden. Aber Hühnchen wagte es nie dorthin alleine und aus freiem Willen zu gehen.
.......
Am 11.08.2005 schrieb ich folgendes an Gina, ich schrieb noch mehr, aber das geht niemanden was an ;-)
[...
Hühnchen bekam wieder die Komplettreinigung, die sie ja so sehr hasst. Bringe ich doch ihre ganze Welt durcheinander.
Also dachte ich mir, dränge ich Madame mal ein bisschen unter den Schrank. Schön vorsichtig geschoben war nicht allzu viel Widerstand zu merken. Sie stolzierte, nachdem der Kletterakt gelungen war, schnurstracks hinter die Baumscheibe, entdeckte dabei die Jalousien und glaubte diese renovieren zu müssen. Vielleicht gefiel ihr aber auch nur das Design nicht, vielleicht hingen sie ihr im Weg, wer weiß.
Nun gut, dachte ich, da unterscheiden sich die Geschmäcker eben, aber es sind meine Jalousien und ich entscheide wie die auszusehen haben. So kroch ich auf Knien vor Hühnchen herum, die das mit arrogant erhobenem Kopf quittierte, und schob die Baumscheibe vor die Jalousien.
Hühnchen beschloss dann wenigstens ihre Schreinerarbeiten an eben diesem Stamm fortzusetzen. Hier darf sie natürlich walten wie ihr das gefällt, denn welches Zweibein macht sich schon Gedanken um das Aussehen eines gammeligen Stück Holzes.
Nach getaner Arbeit beschloss das Schweinchen auch die Nacht neben dem Baum zu verbringen, bis ich ihr dann heute Morgen mit schlechtem Gewissen versuchte den Rückweg zu zeigen. Aber Madame ist willensstark und selbstbewusst. Meine Hand wurde mit energischen Kopfstößen zurückgeboxt. Es wurde gemosert, gequiekt und gezetert. Versuchte ich sie am Popöchen nach vorne zu schieben, zeigte sie mir wie kurz sie werden kann. Mit allen vier Beinen gegen meine Hand gestemmt, trat sie dann letztendlich mit den Füßen nach mir. Emmy wäre vor Neid erblasst.
Nun ist es ja naturgemäß, sicher sehr zum Bedauern kleiner Meerschweinchen, so, dass die Zweibeins solche Kraftproben immer gewinnen. Somit ergab sich Hühnchen, aber nicht ergeben, sondern wie aus freiem Willen und stapfte in ihr Gehege. Hätte sie in meiner Sprache sprechen können, hätte sie gesagt: Was willst du eigentlich, ich weiß wie es zurück geht, ich bin nur in _deinen_ Augen behindert.
Nun gut, ich konnte mich dann nur noch kleinlaut verkriechen.
...]
Und wie es nun so ist, seit diesem Tag knie ich tagtäglich vor Hühnchen, um unter dem Schrank ihr Lieblingshandtuch zu wechseln, die Kuschelrolle an den richtigen Platz zu legen, die geschredderte Möhre zu entsorgen und sie nach ihrem Befinden zu befragen.
Nein, aber mich zum Deppen machen lassen - das würde mir nie passieren!! ;-)
Ich kann doch nichts dafür...